160 Jahre Bienhornschanze

Wo kommt eigentlich der Name Bienhornschanze her?

160 Jahre Bienhornschanze ( 1859 – 2019):
aus der Geschichte der Gemeinde Pfaffendorf, heute Koblenz-Asterstein

Vor 1859        „Ja, und so fort bis Mainz“ karikierte noch vor 1840 der preußische König Wilhelm III. das Vorhaben seiner Bauoffiziere, das Festungssystem Pfaffendorfer Höhe – ein Teil der preußischen Festung Koblenz und Ehrenbreitstein – um ein weiteres Fort, nämlich Fort Bienhorn, zu verstärken.

1859        Dass es überhaupt 19 Jahre später dazu kam, und zwar unter seinem Neffen Kronprinz Friedrich Wilhelm (dem späteren deutschen Kaiser Wilhelm I), war der angespannten politischen Lage im damaligen Europa geschuldet.
Das Kaiserreich Österreich und das französische Kaiserreich unter Napoleon III, mit Sardinien-Piemont verbündet, standen sich feindlich gegenüber. Der Deutsche Bund, dem sowohl Österreich als auch Preußen seit 1815 angehörten, hatte mobil gemacht. In dieser Krise fiel die Entscheidung des Kronprinzen in Berlin, (kommissarisch seinen erkrankten Bruder König Friedrich Wilhelm IV vertretend) diese rechtsrheinische Anhöhe über Pfaffendorf zu befestigen.
Dank des sich innen rechtwinklig biegenden Bachtales (heute Teil des Rheinsteigs), hornartig geformt, hatte es um 1600 von der Pfaffendorfer Bevölkerung den Namen „Binnhorn“, innen gelegenes Horn, (also hochsprachlich: Binnenhorn) erhalten. Die Militärs übernahmen den Flurnamen für ihre Befestigung und Verschriftlichten ihn in Fort Bienhorn.
Dieses Fort besaß Wälle aus steiniger Erde geformt, die eine nach Südosten ausgerichtete Spitze (Fleche) bildeten und war zum Rhein hin (Nordwesten) geöffnet. Sie waren etwa jeweils 110 m lang und 8,5 m hoch, davor befand sich ein 6,5 m tiefer Spitzgraben. In der Kehle, also innen, stand ein gemauertes Pulvermagazin und eine gemauerte Zisterne, deren Wasserversorgung vom Glockenberg her (über dem heutigen Glockenbergtunnel)erfolgte.

1864        Diese Erdschanze, im Kriegsfall mit Artillerie bestückt, sicherte nach Süden die junge rechtsrheinische Eisenbahnstrecke, die über die neuerrichtete Eisenbahnbrücke über den Rhein (heute Pfaffendorfer Brücke) mit Koblenz verbunden war. Über die Ostseite beherrschte sie die gegenüberliegende Anhöhe (heute: Bienhornhöhe).

1866        Zu Beginn des Deutsch-Deutschen Krieges erhielt die Schanze einen Holzpalisadenzaun zur Verstärkung.  Die preußische Landesgrenze zum Herzogtum Nassau, dieses nun mit dem befeindeten Kaiserreich Österreich verbündet, lag in unmittelbarer Nähe zwischen Horchheim und Niederlahnstein.

1870/71        Mit der Herausbildung des deutsch-preußischen Einheitsstaates „Deutsches Reich“ und mit neuen Außengrenzen ausgestattet, verlor die Schanze ihre ursprüngliche Funktion. Das Erdwerk diente nunmehr der abseitigen Lagerung von Pulver und Munition.

1903        wurde das Fort aufgegeben, 13 Jahre nach Aufgabe des Systems Feste Franz und der Koblenzer und der Ehrenbreitsteiner Stadtumwallungen (1880). Die (noch selbständigen) Gemeinde Pfaffendorf nutzte es als Weide.

1921        ließ das Entfestigungsamt der Stadt Koblenz im Auftrag der Interallierten Militärkommission (IMKK) die Gräben mit den Erdmassen der Wallspitzen auffüllen.

1932        ebnete der Freiwillige Arbeitsdienst im Auftrag der Gemeinde Pfaffendorf das Areal vollends ein. Er war eine Einrichtung des Deutschen Reiches in der Weimarer Republik zur Arbeitsbeschaffung.

1934 bis        1938 erfolgte eine Aufsiedlung mit privaten Häusern um ein Rondell herum, und 20 junge Hollandlinden wurden gepflanzt. Das Alter der Bäume beträgt demnach heute etwa 90 Jahre.

1937        verlor die Gemeinde Pfaffendorf ihre Selbständigkeit. Sie wurde in die Stadt Koblenz eingemeindet. Im gleichen Jahr erhielt das Zentrum des Rondells ein monumentales, martialisch anmutendes Denkmal für die im 1. Weltkrieg  gefallenen Pfaffendorfer. Dieses Denkmal, angestiftet von der ortsansässigen NSDAP, übernahm offiziell im Rahmen einer bombastischen Feier Oberbürgermeister Otto Wittgen (NSDAP) am Sonntagabend des 28. November 1937 in die „Obhut der Stadt“. Ansprachen des Ortsgruppenleiters  von Koblenz-Pfaffendorf, Horn (NSDAP), einem „zu Herzen gehenden Vorspruchs des Dichters Hanns Maria Lux“, und dem „Gesang des MGV Frohsinn“ und  vieler anderer Beteiligter umrahmten dieses Ereignis. Die Koblenzer Volkszeitung verwendete dafür den Aufmacher „Die Weihe des Ehrenmals in Koblenz-Pfaffendorf. Feierliche Enthüllung auf der Bienhornschanze. Den Gefallenen zum Gedächtnis – der Jugend zur Mahnung.“ Diese (abendliche) Veranstaltung bei Fackelschein muss so eindrucksvoll gewesen sein, dass noch Kinder in den 70iger Jahren auf der Schanze „Thing“ spielten. Ein Thingplatz allerdings ist die Bienhornschanze trotz mündlicher Überlieferung nie gewesen.

1946        wurde das Denkmal von der Stadt Koblenz entfernt, nachdem auf der Sitzung des Stadtrates vom 21. Juni 1946 die Verwaltung aufgefordert worden war, „das Hitlerdenkmal zu beseitigen“. Die in den fünfziger Jahren entstandene katholische Pfarrgemeinde Maria-Himmelfahrt nutzte seitdem das Rondell im Rahmen ihrer Fronleichnamsprozessionen.

1997        starteten die Planungen des Anschlusses der Bienhornschanze an das Kanalsystem der Stadt, damit die bis dahin betriebenen Sickergruben still gelegt werden konnten. Die elektrische Versorgung der Häuser erfolgt aber nach wie vor über Hochleitungen.

1982        wurde das Terrain dem neu gegründeten Stadtteil Asterstein angegliedert.

2019        dient die nunmehr 160 Jahre alte Schanze ausschließlich friedlichen Zwecken: mit einer großzügigen Rasenfläche, eine um das Rondell geführte Hainbuchenhecke und 20 großen Lindenbäumen spendet sie den Anwohnern angenehmen Aufenthalt. Nur der Name „An der Bienhornschanze“ erinnert noch an diesen kleinen Teil der ehemaligen preußischen „Festungslandschaft“ Koblenz und Ehrenbreitstein im heutigen Koblenz-Asterstein.

(Die Quellenangaben und Bildrechte liegen der Redaktion vor – Norbert Simon, Mitglied im VVV Pfaffendorf)